Beschreibung:Leidenschaft und Schöpferwille, Hingabe und Bessenheit: Diese Gefühle kennt, wer ganz weit vorn sein will, wer musikalisch die Massen begeistern und in seinen Bann ziehen will. Die Dokumentationsreihe "Pop/bsession" setzt die Obsession ins Bild und bringt sie zu Gehör. In fünf Teilen zerlegt "Pop/bsession" das Pop-Orchester in seine Bestandteile - in seine Instrumente und Instrumentalisten, in Performance- und Produktionstechniken. Im Mittelpunkt: Der Mensch und seine Virtuosität in Ausdruck und Technik. Das Ergebnis: Eine mitreißende Pop-Session.
(1): While my guitar gently weeps
"While my guitar gently weeps" ist eine Dokumentation über Gitarre und Bass - und somit auch über Gitarristen und Bassisten, die Musikgeschichte geschrieben haben und der Rock- und Popmusik ihren einzigartigen Sound bescherten. Gleich der erste Film der Reihe wartet mit einer Sensation auf: Les Paul, der Godfather aller E-Gitarristen, erklärte sich zum "Pop/bsession"-Interview bereit - exklusiv für das ARTE-Publikum. Auf sein Spiel beziehen sich annähernd alle großen Rockstars der Gitarre, von Eric Clapton bis Jimmy Page. Das bildet den Ausgangspunkt einer mitreißenden Dokumentation, die quer durch die Geschichte des Rock'n'Roll, Beat, Punk, Grunge und Hardrock führt und bei den zurzeit angesagten Gitarrenbands von The Strokes bis zu Maxïmo Park endet. Die Gitarre ist eine gequälte Kreatur: Aber am Ende dieses Films wird sie es nicht alleine sein, die geschlagen, gedehnt und gezerrt, die zerstört, in Brand gesetzt und zum Kreischen, Heulen oder Jammern gebracht wurde. Auch die Instrumentalisten zahlen ihren Preis für ihre lebenslange, virtuose Beziehung zu diesem Instrument. Kein Instrument hat eine so große Auswirkung auf den menschlichen Körper wie die Gitarre oder der um Kilos schwerere Bass. Der Bogen der aufopferungsvollen Musiker reicht von der tinnitusgeplagten Michael-Jackson-Lasergitarristin Jennifer Batten über den mit inzwischen verschieden großen Händen ausgestatteten Bassisten Hellmut Hattler (KRAAN, TabTwo) bis zum Stray Cat Lee Rocker. Bei Bootsy Collins kommt der Groove vom Herzen, bei Frankreichs Rockstar Louis Bertignac (Téléphone) aus dem Bauch, und der Jazzmagier Pat Martino hat seinen Kopf nach einer Totalamnesie gleich zweimal zum Gitarrelernen benutzt. Ob Metal-Gott Zakk Wylde in der Tat auf dem Griffbrett masturbiert, wird zu erfragen sein, während Sonic Youth allein dem Instrument Schmerz zufügen. Die verschiedenen Musikstile liefern stets neue Perspektiven auf ein- und dasselbe Instrument. Das perfekte Abbild eines Lebens mit der Gitarre schließlich bietet der Erfinder des elektrisch verstärkten Spiels: Der 90-jährige Les Paul kriecht noch immer einmal wöchentlich auf die Bühne eines New Yorker Jazzclubs, einen Arm in Spielposition versteift, Rheuma und Hörgeräte ignorierend.
(2): Ebony & Ivory
"Ebony and Ivory" ist ein Film über Piano und Keyboards, über Pioniere der elektronischen Musik, über Musiker, die Klassik und Popmusik einst zusammenbrachten und über Leute, die Chanson und Pop zu einer unvergleichlichen Einheit verschmolzen. So plaudert Robert Moog über die musikalische Weltrevolution, die er initiierte, und Jean-Michel Jarre erzählt, wie er sie dann umsetzte. Keith Emerson, früheres Enfant terrible der Rock-Dinosaurier Emerson, Lake & Palmer, haute in den 70er Jahren wie ein Berserker in die Tasten. Dass Elektronik nicht Zukunft, sondern Gegenwart ist, berichten das französische Duo Air und Vince Clark, der in den 80ern kühle Keyboard-Trends setzte. Pianist und Sänger Rufus Wainwright spricht über die Innovation des Pop durch die Rückkehr zur Oper und zum klassischen Lied.
"Die Gitarre ist mein Freund, das Klavier mein Lover", sagt Rufus Wainwright. Der 30-jährige Amerikaner ziert die Titelseiten der Musikmagazine. Aber sind Popsongs am Klavier die echte Alternative in einer digitalen Zeit, und folgt auf Dekaden elektronischer Keyboardsounds die Rückkehr zum Klavier? Das Instrument galt als so traditionell, dass der Einsatz einer Tastatur für die elektronischen Soundtüftler der 60er Jahre zunächst gar nicht in Frage kam. Robert Moog erzählt von den Anfängen elektronischer Musik. Er erfand den Synthesizer und gilt bis heute als technischer Pionier auf dem Feld der analogen elektronischen Musik. Keith Emerson, Keyboarder von Emerson, Lake & Palmer, war der erste, der einen kommerziellen Hit mit Synthesizersounds landete. Ein besessener Musiker war er im Studio, ein Tier auf der Bühne. Mit Schlägen und Tritten, mit Fäusten und Messern traktierte er seine Keyboards. Zeitgleich sah sich Jean-Michel Jarre in Frankreich mit Ablehnung und Skepsis konfrontiert. Er erzählt von klassischen Musikern, die während der gemeinsamen Arbeit an einer Inszenierung die Stecker der elektronischen Geräte zogen, aus Angst davor, später arbeitslos zu werden. In den 80ern kommt man musikalisch nicht mehr vorbei am Synthi-Pop: Depeche Mode, Eurythmics und Yazoo streiten um die Chartplätze. Und dabei sieht sich Vince Clarke - Gründungsvater von Depeche Mode, Yazoo und Erasure - heute nicht einmal selbst als Musiker. Während Chris Lowe, Keyborder des Erfolgsduos Pet Shop Boys, auf 20 Jahre Erfolgsgeschichte von "West End Girls" bis "Panzerkreuzer Potemkin" zurückblickt, werfen die Musiker von AIR einen Blick auf den Stand der Dinge heute. Warum gab es in den 90ern eine Rückkehr vom digitalen Keyboardsound zum analogen Equipment? Was macht das "Seelenvolle" aus, das den digitalen Klängen fehlt? Und ist die Rückkehr zu "echten" Klavierspielern wie Rufus Wainwright das Zeichen der Zeit?
(3): Slave to the rhythm
Die Trommel gilt als Schmuddelkind und Rebell unter den Musikinstrumenten, als sperrig, laut und schwer zu bändigen. Kraft und Aggressivität sind ihre Attribute. Einen melodischen Wohlklang kann man ihr nur schwer entlocken. Im klassischen Orchester hat sie ihren Platz deshalb in der letzten Reihe und kommt nur sporadisch zum Einsatz. Etwa wenn es dramatisch wird. So verbringt der Percussionist die meiste Zeit damit, die Takte zwischen den Kurzeinsätzen zu zählen und wird kaum als vollwertiger Musiker ernst genommen. Diesem Verständnis begegnete auch die Percussionistin Evelyn Glennie an der Royal Academy of Music. Dass auf ihren Instrumenten Kaffeetassen abgestellt wurden, machte deutlich, wie in der klassischen Musik die Harmonie- über die Rhythmusinstrumente dominieren. Doch auch im Pop führen die Drummer ein Leben zweiter Klasse. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Sänger oder Gitarrist. Der Drummer ist der gutmütige Depp, "loyal, aber dumm.. Double Platinum für das bisschen Bumm Bumm", wie Bela B. das Klischee in seinem Song "Goldenes Handwerk" beschreibt. Doch kann eine Trommel jenseits vom Backbeat durchaus melodisch klingen, wie Miles Davis kongenialer Partner Billy Cobham eindrucksvoll demonstriert. Er steht in der Tradition von Jazzdrummern wie Max Roach, Lionel Hampton, Gene Krupa und Baby Dotts, die der abendländischen, von Melodien und Harmonien geprägten Musik entscheidende rhythmische Impulse gaben. Inzwischen finden sich in Clubs, auf Techno Raves oder an Stränden jedes Wochenende tausende von Menschen zusammen, um sich der Faszination von Rhythmus und Bewegung hinzugeben. Mit Musikstilen wie Drum & Bass, House, Jungle oder 2Step ist die Trommel zum stilprägenden Instrument avanciert. Ob gesampelt, programmiert oder analog eingespielt - die Musik bedeutender Pop-Produzenten wie Timbaland, Questlove und Pharell Williams lebt von den "Beatz". Sie sind der Puls, der alles trägt. Und selbst in der klassischen Musik tut sich was. Evelyn Glennie wurde inzwischen mit Preisen überhäuft und von der Queen geadelt. Das Repertoire könnte umfangreicher sein, doch dafür hat sie schon lange keine Kaffeetasse mehr von ihrem Instrument entfernen müssen. Und ihr Marimbaphon steht im Orchester ganz vorn.
(4): God is a DJ
Ein Film über Turntables, in dem sich alles um das Instrument der DJs dreht, um die Sounds, die Clubgänger zum Ausflippen bringen, um die Tricks der DJs und um die Veränderung der Technik im Laufe der Jahre. Es wird gescratcht, gemixt, gesampelt und geloopt. Es geht um die Macht des schwarzen Vinyls und die Typen, die hinter den Reglern stehen - Leute wie Westbam, Paul van Dyk, Sven Väth und DJ Tiesto, aber auch Miss Kittin, Laurent Garnier, Mousse T. und Günter Discher. Die DJs katapultierten sich aus ihren heimischen Zimmern in die Arenen der Welt, in denen sonst nur Pop- und Rockbands auftreten. Genres wie Swing, House, Trance, Hip-Hop oder Techno haben ihre eigenen Star-DJs ausgesandt, den Groove zu predigen. Zunächst von den Verfechtern "handgemachter" Musik als Hersteller seelenloser Plastik-Produkte verkannt, eroberten ausgerechnet die DJs den Heldenstatus in der Pop-Musik zurück. Sie füllten eine Lücke, die der Punk hinterließ. Jetzt sind die DJs die Helden der Nacht, indem sie die Leute in nie gekannte Tanzlaune versetzen und bekannte Klänge in einen neuen Kontext stellen. Die Leidenschaft der DJ-Kultur hat ihre Vorläufer: Der 80-jährige Günter Discher zum Beispiel gilt als ausgewiesener Swing-Experte. Seine Besessenheit wurde ihm fast zum Verhängnis, denn die Swingkids wurden von den Nazis verfolgt. Westbam eignete sich als erster deutscher DJ die Mixtechniken aus Amerika an. Visionär Sven Väth treibt es im ganz großen Stil und beschallt gleich den eigenen Mega-Club. Paul van Dyk plaudert fasziniert von neuen Mixtechniken à la Final Scratch, während DJ Tiesto seinen Trance-Sound sogar vor einen Millionenpublikum bei Olympischen Spielen durch die Boxen bläst. Laurent Garnier war dabei, als im "Hacienda Club" in Manchester das erste Mal House lief und revolutionierte im Alleingang die französische Clubszene. Neben Fremdmaterial kommt auch das eigene Gesangstalent zum Einsatz: Miss Kittin ist die bekannteste Chanteuse im Technobereich. Sie erzählt von der Rolle als DJane in der männlichen Domäne. In New Yorks Scratch Academy werden Anfänger unterrichtet und der Nachwuchs lernt, welche Techniken man braucht, um professioneller DJ zu werden. "Pop/bsession" zeigt in seiner vierten Folge den Werdegang der DJs von der Benutzung des Grammophons bis zu den Hightech-Turntables, vom düsteren Club bis in die Stadien der Welt.<br />
(5): Killing me softly
"Killing Me Softly" ist ein Film über die Stimme, über den Körper als Instrument. Quer durch alle Stilrichtungen folgt "Pop/bsession" dem Klang der Stimmbänder und lässt Kehlköpfe vibrieren. Frankreichs Mega-Star Benjamin Biolay kommentiert das Verhältnis von Text, Ausdruck und stimmlichen Fähigkeiten ebenso wie Schlager-Legende Gitte. Frank Sinatra, Barbra Streisand, Aretha Franklin, Usher, Angie Stone, Johnny Rotten, Ella Fitzgerald, Kylie Minogue, Elvis Presley, Dusty Springfield, Billy Idol, Pet Shop Boys - diese und noch mehr große Stimmen der Rockgeschichte bringt "Pop/bsession" zu Gehör. Diane Warren, die unter anderem "Unbreak My Heart" für Toni Braxton schrieb, klärt über die Tricks beim Schreiben der ganz großen Balladen auf. Die Stimme ist keineswegs ein Instrument wie alle anderen. Hier musiziert der menschliche Körper. Die Stimme ist das menschliche Ausdrucksmittel schlechthin. Nicht nur Töne, Laute, Noten werden ihr entlockt. Sie transportiert auch Sinn und Seele am direktesten. Und sie kann in Worte fassen, was Instrumente nicht sagen können. Am Instrument Stimme scheiden sich die Geister: Der eine lässt nur geschulten Gesang gelten, der nächste huldigt dem ursprünglichen Ausdruck, wieder ein anderer hört nur dort einen Sinn, wo Text-Botschaften vermittelt werden. Zur reinen Beherrschung des Instruments kommt der Sinn des Gesungenen. Wer eine "große" Stimme hat, ist reine Geschmackssache. Oder doch nicht? Würden heute noch Tausende an den Lippen von Joan Baez hängen oder trifft nur die goldbehangene Hip-Hop-Kehle eines Nelly noch in Hirn und Herz? Selbst die Hohepriester des klassischen Gesangs spitzen die Ohren, wenn Opern-Diva Barbara Hendricks von Sopranstimmen und Bob Dylan erzählt - und das in einem Atemzug.